Gerhard Robbers hält am 5. November 2014 die diesjährige Eschenburg-Vorlesung zum Thema „Über Wein und Schläuche – Das neue Verhältnis von Staat und Religion in Osteuropa nach dem Kalten Krieg“. Die Vorlesung beginnt um 18 Uhr ct in Hörsaal 23 des Kupferbaus. Anschließend wird es einen kleinen Empfang des Instituts für Politikwissenschaft geben.
Der Fall der Mauer jährt sich zum 25. Mal. Mit dem Fall der Mauer setzte für alle Staaten des ehemaligen Ostblocks ein dramatischer Transformationsprozess ein, der bis heute nicht abgeschlossen ist. Einen Teil dieses Transformationsprozesses bildet die oft mühsame und konfliktreiche Neubestimmung des Verhältnisses von Staat und Religion. Für Gerhard Robbers zählen Glaubensgemeinschaften zu den konstitutiven Bestandteilen menschlicher Gesellschaften. Gleichzeitig bergen sie ein enormes Konfliktpotential. Deshalb müsse sowohl ihr konkreter Platz im politischen Gefüge als auch ihr Verhältnis zueinander religionsrechtlich geordnet werden. Dem Religionsrecht komme die Aufgabe zu, die weltanschauliche Neutralität des modernen Verfassungsstaates auszubuchstabieren und die Eigenständigkeit von Glaubensgemeinschaften im Rahmen der geltenden Rechtsordnung zu sichern. Darüber hinaus sollte es aber auch so organisiert sein, dass es wechselseitige Toleranz und nach Möglichkeit Kooperation der Religionen fördere.
Als Mitglied des Advisory Council for Freedom of Religion or Belief der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hat Gerhard Robbers an der Entwicklung des Religionsrechts in vielen osteuropäischen Transformationsstaaten mitgewirkt. Er kann deshalb aus eigener Anschauung über die Konflikte, aber auch von den Chancen berichten, die diesem Prozess der Neubestimmung des Verhältnisses von Staat und Religion innewohnen. Darüber hinaus bietet die rechtliche Fixierung des Staats-Religions-Verhältnis einen einmaligen Einblick in gesellschaftliche Selbstverständigungsprozesse über die eigene kulturelle Identität und den Umgang mit religiöser Pluralität. Denn Religion gibt es faktisch nicht im Singular.
Gerhard Robbers (Jg. 1950) wurde in Freiburg promoviert und habilitiert. Gegenwärtig ist er Professor für Öffentliches Recht, Kirchenrecht, Staatsphilosophie und Verfassungsgeschichte an der Universität Trier. Dort leitet er das Institut für Europäisches Verfassungsrecht und ist geschäftsführender Vorstand des Instituts für Rechtspolitik. Gerhard Robbers ist seit 2008 Richter am Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz. 2007 wurde er für sechs Jahre in den Präsidiumsvorstand des Deutschen Evangelischen Kirchentages gewählt, und 2013 war er Präsident des 34. Deutschen Evangelischen Kirchentages in Hamburg. Die Liste der einschlägigen Publikationen von Gerhard Robbers ist zu lang, um sie hier auch nur an-satzweise zu referieren. Deshalb sei nur besonders verwiesen auf das von ihm herausgegebene Standardwerk „Staat und Kirche in der Europäischen Union“, das mittlerweile in 10 Sprachen übersetzt worden ist, auf die „Encyclopedia of World Constitutions“ aus dem Jahr 2006 und auf die 2015 bei Brill erscheinende mehrbändige „Encyclopedia of Law and Religion“, die von Gerhard Robbers als Mitglied des International Consortium for Law and Religious Studies mitherausgegeben wird. Weitere Angaben zu seinen Veröffentlichungen sind auf seiner Homepage an der Universität Trier zu finden.